Alkohol und Tabak haben eine lange Geschichte
„Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift. Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“ Auch wenn diese Erkenntnis von Paracelsus auch für Alkohol und Tabak gilt, ist unumstritten, dass die heute üblichen Konsummengen sehr weit über einer „ungiftigen Dosis“ liegen.
Die Problematisierung von Tabak- und Alkoholkonsum wird durch zwei Hürden erschwert: Zum einen wird sie als Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht von Individuen bewertet, zum anderen sind Tabak- und Alkoholnutzung fast so alt wie die menschliche Kulturgeschichte: Hinweise auf Bierkonsum finden sich schon bei den Sumerern, manche Quellen sehen den Beginn der Produktion von Bier zeitgleich mit den ersten bekannten Ackerbaukulturen vor rund 10.000 Jahren. Gebrannte, stark alkoholische Getränke wurden jedoch erst im Mittelalter erfunden. Hinweise auf das Rauchen von Tabak oder anderen getrockneten Pflanzen sind ebenfalls fünf- bis achttausend Jahre alt, wobei es sich in Europa erst nach der Entdeckung Amerikas verbreitete.
Alkohol hatte im Laufe der Jahrtausende immer eine Doppelfunktion: Einerseits war der Alkoholrausch ein wichtiges Element mystischer und religiöser Riten, anderseits waren Bier und Wein bis zum Beginn der Neuzeit auch essenzielle Nahrungsmittel – weil es in den Städten kein sauberes Wasser gab, konnten die Menschen den Flüssigkeitsbedarf nicht anders stillen. Wobei das Bier oft sehr leicht war und der Wein schon bei den Griechen kräftig verdünnt getrunken wurde. Auf die Gefahren des übermäßigen Konsums wurde aber zu allen Zeiten hingewiesen.
Auch Tabak hatte für seine ersten nachweislichen Kultivateure, den amerikanischen Indianern, vor allem rituelle Bedeutung, außerdem wurde er offenbar in unterschiedlichen Zubereitungen als Heilmittel eingesetzt. Zigaretten wurden erst Mitte des 19. Jahrhunderts als Abfallprodukt der Zigarrenproduktion erfunden und begannen im 20. Jahrhundert ihren marketingbefeuerten Siegeszug. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts wurden dem Naturprodukt Tabak immer mehr Zusatzstoffe beigefügt. Die heute bis zu 600 verschiedenen Stoffe verschärfen nach Meinung von Krebsbekämpfern die Gefahren des Tabakkonsums nochmals erheblich.
Heute sind Tabak- und Alkoholkonsum weitgehend unabhängig von kulturellen Riten – wenngleich das Feiern immer noch als Anlass Nummer eins für das Trinken gesehen wird. Die Konsequenz: nahezu beliebige Verfügbarkeit, die auch beliebige Konsummengen erlaubt, jederzeit und fast überall.
Die Beschreibung der Folgen der heute üblichen, also giftigen Dosen füllen ganze medizinische Bibliotheken: Sie reichen von psychischer und physischer Abhängigkeit über vielfältige Organschäden, Förderung chronischer Erkrankungen und Krebserkrankungen bis hin zum Verlust von Leistungs- und Lebensqualität scheinbar gesunder Konsumenten und deutlich erhöhter Sterblichkeit. Die quantitative Bedeutung dieser Folgen macht Tabak- und Alkoholmissbrauch nicht nur zu einer gesellschaftlichen, sondern auch zu einer betriebswirtschaftlichen Herausforderung.